[APAnet ------- ] [home] [help] [map] [special] [news] APA-Net Science-Week Mehr Zeit heißt weniger Geld Wir haben immer mehr Freizeit, aber relativ dazu immer weniger Geld, letztere so zu verbringen, wie die gesellschaftlichen Zwänge es uns abverlangen. So schilderte der Hamburger Freizeitforscher Horst Opaschowski bei einem Vortrag in Wien die Ausgangslage in Sachen Arbeit, Freizeit und Mobilität, auf die er seine Entwürfe einer Gesellschaft der Zukunft aufbaute. Für den Arbeitnehmer hier, will heißen: im Westen, und heute, also im Sauseschritt auf das Jahr 2000 zugehend, habe die Tatsache, daß mehr Zeit ohne mehr Geld weniger wert sei, folgende mentale Konsequenzen: Drittberuf, Sonntagsarbeit und 10-Stunden-Tag sind kein Tabu mehr. "Die berufliche Arbeit am Wochenende wird sich schrittweise und öffentlich kaum bemerkt zur Norm entwickeln", prophezeite Opaschowski. Man muß nun kein Zukunftsforscher sein, um festzustellen, daß darunter wohl in erster Linie die "soziale Zeit" leidet, also beispielsweise jene, die man mit seinen Kindern oder den Freunden verbringt. Gefordert wäre hier eine andere Zeitpolitik, eine, die - wie der Forscher es nennt - die Zeit sowie die einzelnen Lebensbereiche wieder zu "synchronisieren" imstande wäre. Andererseits ortet Opaschowski einen tiefgreifenden Wertewandel, was den Stellenwert der Arbeit beim Einzelnen betrifft. "Die junge Generation ist auf dem Weg zu einer neuen Lebensbalance. Arbeit und Lebensgenuß sind kein Widerspruch mehr." Nicht einmal die Sache mit dem wohlgefüllten Bankkonto steht mehr, so Opaschowski, an oberster Stelle der sozialen Wunschliste. "Die Schlüsselfrage der neuen Karrieristen ist nicht mehr, wieviel kann ich verdienen. Was sie wollen, ist ein Job, der Spaß macht." Im Klartext: Workaholics ohne eine Spur von Hedonismus sind out - mindestens genauso wie ihre leistungsfeindlichen Gegenbilder. Daß Arbeit und Freizeit, und das gerade nicht zum Bedauern der Berufstätigen, ineinander verschwimmen, zeige sich nicht zuletzt in der Tatsache, daß man in Zukunft "Karriere" auch im Freizeitbereich wird machen können. Kabarettisten, Segellehrer, Globetrotter oder Computerfreaks - "sie alle erfüllen fast professionelle Ansprüche und können so Hobby und Berufsinteressen miteinander verbinden", so der Hamburger Trendforscher. Den Bill Gates ins Stammbuch geschrieben: Die Medienrevolution hat nicht stattgefunden, sagt Opaschowski. "Nur zwei Prozent der Bevölkerung surfen einmal die Woche durchs Internet. Die elektronischen Datennetze liegen voll im Trend, die Konsumenten dafür lieber auf der faulen Haut." Wenn schon die Freizeit, siehe oben, immer knapper wird, dann verbringt man sie schon lieber allein im Einkaufszentrum, mit Freunden im Kino oder mit dem Gespons im Haubenlokal. Und auch die Telearbeit werde nicht den gewünschten Effekt der Verkehrsentlastung zeitigen. "PC-Nutzer sind nachweislich öfter mit dem Auto unterwegs als die übrige Bevölkerung." Bestenfalls ergäbe sich unterm Strich ein leicht erhöhtes Verkehrsaufkommen rund um die Uhr. Um den wachsenden Wohlstand ist's geschehen, resümiert auch Opaschowski. Schlußendlich noch ein paar "Anleitungen zum Glücklichsein" aus der Feder des Trendforschers: "Lerne, Überflüssiges wegzulassen und versuche, nicht permanent Lebensstandard mit Lebensqualität zu verwechseln." Copyright © [APAnet] 1995 webmaster@apa.co.at